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Konferenz des Evangelischen Dekanats Westerwald: Lebhafter Austausch zu politischen Entwicklungen

Wie die Kirche mit rechtsextremem Gedankengut umgeht

bonReferent Matthias Blöser diskutiert mit den Teilnehmenden der Dekanatskonferenz über das Thema Rechtsextremismus.

Wie kann die Kirche mit rechtsextremen Tendenzen umgehen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Konferenz des Evangelischen Dekanats Westerwald, zu der sich Pfarrpersonen und Dekanatsmitarbeitende in Bad Marienberg getroffen haben. Und die anders verlief als geplant.

Reger Austausch

Eigentlich hatte der Referent des Tages, Matthias Blöser vom Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, eine umfangreiche Präsentation des Themas vorbereitet. Doch statt eines Referats erleben die Teilnehmenden einen regen und sehr offenen Erfahrungsaustausch. „Das Thema ist eben sehr relevant“, sagt Dekan Axel Wengenroth zu Beginn der Sitzung. „Wir müssen davon ausgehen, dass 2027 vermehrt WählerInnen der AFD in die Kirchenvorstände kommen. Und dass die Rechten die Kirchenvorstände unterwandern könnten.“

Viele schwärmen von Populisten

Die Sorge des Dekans kommt nicht aus dem luftleeren Raum. Während des Austauschs berichten Mitarbeitende von den Erfahrungen, die sie beispielsweise auf Konfi-Freizeiten machen: Viele Jugendliche schwärmen von der AFD und sympathisieren mit einem neuen Führerkult, beobachten die Mitarbeitenden – und glauben, dass etliche der jungen Menschen das nacherzählen, was sie im Elternhaus hören. Eine Pfarrperson schätzt, dass fast die Hälfte ihrer Gemeinde rechtes Gedankengut hegt und dass sie deshalb nicht unbefangen auf die Kanzel tritt: „Ich dachte, dass wir seit dem Holocaust wissen, wo unser Land steht“, sagt sie. „Aber ich habe seit einiger Zeit Not, Klartext zu reden. Weil ich nicht weiß, auf welchen Boden das fällt und welche Reaktionen ich zu erwarten habe.“

Aus der Geschichte lernen

Es ist wichtig, Stellung zu beziehen, unterstreicht Referent Matthias Blöser: „Wenn es gegen unsere demokratische Lebens- und Grundordnung geht, müssen wir handeln und dürfen nicht den Weg einschlagen, den die Deutschen Christen zur NS-Zeit gegangen sind. Wir haben eben eine Verantwortung und müssen aus der Geschichte lernen – geleitet von der Frage: Was heißt es, heute Christ zu sein? Denn wenn Demokratien erst einmal destabilisiert sind, kann das ein unumkehrbarer Prozess sein.“

Die Grenzen des Sagbaren

In einem Heute, in denen sich die Grenzen des Sagbaren mehr und mehr verschieben, beobachtet Blöser: „Der AFD-Wahlslogan ,Deutschland, aber normal‘ ist anschlussfähig – auch aus christlicher Perspektive. Die Partei hat sich in den vergangenen zehn Jahren normalisiert. Und Dinge, die vor wenigen Jahren noch tabu waren, sind inzwischen normal.“ Außerdem glaubt Blöser, dass die negative Perspektive bei vielen Menschen ankommt: „Die Erzählung des Niedergangs unserer Gesellschaft funktioniert und verfängt bei Menschen durch alle Bildungsschichten massiv.“

Orte des Dampfablassens

Aber genau gegen diese Angsterzählung liegt auch die Chance für die Kirche, ist der Referent überzeugt: „Wir als Kirche sollen doch für gerechte Verhältnisse sorgen und Hoffnung weitergeben. Die Türen der Kirche sollten stets offen sein – aber nicht durchlässig zu allen Seiten.“ Formate für diese Gespräche gibt es schon: Blöser erzählt von öffentlichen Podien, in denen die Teilnehmenden all das frei heraus sagen dürfen, was sie stört – ohne dass das Gesagte hinterher bewertet wird. In diesen „Orten des Dampfablassens“ brechen oft erstaunliche Dinge auf, beobachtet Matthias Blöser. „Denn oft geht es gar nicht um den ,Ausländer‘ der uns scheinbar den Wohnraum oder den Job wegnimmt‘. Solche Formate helfen, den Dingen auf die Spur zu kommen, die hinter solchen Aussagen liegen.“

Weder beliebig noch überheblich sein

An diesem Punkt ist ein Austausch auf Augenhöhe möglich, glaubt Blöser. „Es ist ein Ringen auf Beziehungsebene“, sagt er. „Kirche darf in solchen Diskussionen weder beliebig noch überheblich daherkommen. Es geht stattdessen um Gespräche von Angesicht zu Angesicht. Und die Motivation dabei muss sein: Du bist mir als Gegenüber wichtig, deshalb bleibe ich an Dir dran.“ Das ist vielleicht wichtigste Resümee dieser Dekanatskonferenz: Der Gesprächsfaden darf nicht abreißen. Und der Blick sollte nicht nur auf die Ängste, sondern vor allem auf die positiven Dinge gerichtet sein – ohne Naivität, aber mit klarer Ausrichtung, findet Matthias Blöser: „Die Kirche hat den Auftrag und den Anspruch, am Evangelium, also der Frohen Botschaft, orientiert zu sein. Wenn das gelingt, sind Menschen nach wie vor bewegt.“ (bon)

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